Electric

2016

Infos zum Album

Es soll Bands geben, die mehr Energie auf das Erschaffen des eigenen Mythos verwenden als auf das Ausgestalten einer charakteristischen Musik. Ganz anders läuft das bei den erfahrenen Jungs von PLEXIPHONES. Die haben ihr Debüt 2012 augenzwinkernd „News from the Colonies” genannt und damit gleich die – zumindest halbe – Wahrheit offenbart. Wenn es in Deutschland immer auch Eigenkreationen wie Kraut- oder Deutsch-Rock gegeben hat und einzelne PLEXIPHONES-Mitglieder auch ihre Erfahrungen auf diesem weiten Feld gemacht haben, so gab es gerade in der Pop- oder Rockmusik immer auch eine starke Orientierung an der anglo-amerikanischen Szene. Dies zu verleugnen wäre albern, also kann man da beim Benennen etwaiger Leitbilder auch in die Offensive gehen. Und die sind im Falle der PLEXIPHONES nicht im von vielen geheiligten Land USA verortet, sondern in dem von den anderen als weit kultiger verehrten Output der Insulaner. Man muss da sicher nicht so weit zurückgehen und sich vergegenwärtigen, dass Nordrhein-Westfalen im Gegensatz zu anderen Regionen in Deutschland (man denke nur an Frankfurt und den AFN) vom britischen Soldatensender BFBS geprägt wurde. „Für uns sind unsere musikalischen Roots ganz klar britisch“, bekennt Sänger Wolfgang Kemmerling und spricht damit seinen Kumpels Kurt Schmidt (Bass), Michael von Hehl (Keyboards), Christoph Brandenburg (Gitarre), Frank Mevissen (Percussion) und Rüdiger Tiedemann (Drums) aus dem Herzen. US-Amerikanisches, Blues und klassischer Rock’n’Roll mussten da hintenanstehen. Obwohl es witzigerweise einige textliche Anleihen an die Staaten gibt.

Wenn man sechs Musiker unterschiedlichster Couleur und „mit unterschiedlichem Härtegrad“ – wie Kemmerling spaßig bemerkt – unter einen Hut zu bringen versucht, fällt es hinterher nicht leichter, für den Stil eines so zusammengekommenen Sextetts eine griffige Formel zu finden. Die Medien haben sich von Anfang an auf „Electro Rock“ geeinigt. Dabei soll der Begriff „Electro“ keine aufgesetzte Modernität symbolisieren. Mit dem charmant-frickeligen Pop hipper Youngster etwa, der uns z.B. aus Island erreicht, hat diese erdige Performance nichts gemein. Zumal die Band weiß, dass sie eine eher erwachsene Klientel erreicht. Das kennt und erkennt die Inspirationen für die PLEXIPHONES-Songs. Es sind die Achtziger. Aber hieß da elektronisch generierte Musik nicht Synthie Pop? „Die Bezeichnung habe ich immer gehasst, weil ich Musik dieses Genres als seicht und ohne Eier empfand. Sicher sind einige gute Songs dieser Ära entsprungen, aber für uns als Gruppe hatten Post Punk und New Wave deutlich mehr Einfluss und Bedeutung als Synthie Pop oder gar New Romantic“, betreibt der Frontmann eine klare Abgrenzung. Howard Jones und Spandau Ballet wurden vielleicht in diese Ecke gestellt, nicht aber U2, The Alarm, Killing Joke, Big Country und die Simple Minds, die zu Kemmerlings Favoriten dieser Ära zählen. „Trotzdem haben wir uns weder an Songs dieser Bands orientiert, noch deren Klang kopiert“, sagen die Musiker ganz deutlich.

Denn „Retro“ sind andere, auch wenn es ausschließlich positive Assoziationen sind, die hier an „früher“ erinnern. Gerade Leute, die die PLEXIPHONES zum ersten Mal live hören, behaupten das immer wieder nach Konzerten. Was aber wirklich bemerkenswert ist: Auch Leute zwischen 18 und 25 fahren auf den Sound und die Songs ab wie geradezu überschwängliche Reaktionen bei den Konzerten in Deutschland und auch in England zeigen. Kemmerling kommentiert diese Erfahrungen so: „Wir selbst empfinden unser Album und die Live-Gigs alles andere als ,Retro’, sondern tatsächlich als zeitgemäß und dazu noch energiegeladen, schweißtreibend, sehr emotional und nahe beim Publikum. “ Über alle Zeit- und Stilfragen hinweg geht es den Mönchengladbachern vor allem um vier Dinge: starke Melodien, Catchiness, pumpende Beats und tanzbare Grooves.

Ihren „Urknall“ erlebten die PLEXIPHONES übrigens 2005 bei einer 10-stündigen Jam-Session mit Wallenstein-Gitarrist Pete Brough, der allerdings schon an die Dead Guitars gebunden war und deshalb Sänger Wolfgang Kemmerling, Keyboarder Michael von Hehl und der ursprünglichen Rhythmussektion Achim Wehrmann (Bass) und Patrick Schmitz (Drums) nicht folgen konnte. Seinen Platz nahm Christoph Brandenburg ein, Percussionist Frank Mevissen komplettierte die Formation.

Als wichtigen Wendepunkt in ihrer Bandkarriere erwies sich die (Wieder-)Begegnung mit dem Produzenten Tom E Morrison 2012. Bevor er einst nach London zog, war der gebürtige Gießener u.a. auch Gitarrist von Twelve Drummers Drumming, wo er erstmals auf Kurt Schmidt traf. Als einer der wenigen Deutschen konnte Morrison, der den Namen seiner Ehefrau Rachel (Sängerin von Bliss) angenommen hat, im Mutterland des Rock und Pop Fuß fassen und gewann für seine Arbeit als Toningenieur, Mixer und Produzent diverse Preise. Als erklärter Eklektiker war er mit so unterschiedlichen Größen der britischen Szene wie Bonnie Tyler, Andrew Roachford oder Underworld im Studio. „Sein Einfluss auf das neue PLEXIPHONES-Album ,Electric’ ist allein deshalb schon bedeutend, weil er die Songs zum Klingen gebracht und ihnen Feinschliff gegeben hat und das Single- bzw. Radio-Potenzial jedes einzelnen Songs herausgekitzelt hat“, schwärmen die Sechs. „Jede der 13 Nummern hat das Zeug dazu, auch im Radio zu funktionieren. Ein eher seltenes Phänomen, dass man bei den allermeisten Alben im Pop-Rock-Bereich heutzutage leider vermisst.“ Zusammen mit 12-Drummers–Drumming-Mastermind, Ex-Wallenstein- und -Sun-Bassist sowie Gründungsmitglied und Bassist der Dead Guitars, Kurt Schmidt, der schon Kemmerlings Phonogram-Veröffentlichungen mit Fail Safe als Produzent betreute, hatte Morrison noch einen bandinternen wie erfahrenen Co-Producer an seiner Seite. Dessen Frontmann bei 12DD, Rudi Edgar, schrieb für einige Songs die Texte. Gemastert wurde das Album von Thomas Kessler (Dissidenten) und Andy Jackson (Pink Floyd, David Gilmour).

Das richtige Team für ein reifes Statement. Deshalb lassen sich die Botschaften nicht allein auf Zeilen wie „Blame it on rock’n’roll guitars “ oder „…get satisfaction“ reduzieren. „Natürlich nicht“, bekräftigt die PLEXIPHONES-Stimme. „Textlich dreht sich vieles um Freiheit, Freundschaft, um wichtige Relationships, aber nie im Sinne von ,Boy meets Girl’, sondern mehr um den Weg, zu sich selbst, über Umwege, auf Abwegen, aber immer wieder zu sich zurückfindend und auf der Suche nach Erfüllung. Von daher haben viele unserer Songs etwas Optimistisches, da Pathos, Sentimentalität, Sensibilität zwar Wegbegleiter sind, aber nie die Oberhand gewinnen.“ Und bevor sich jemand in bester deutscher Manier zu waghalsigen Interpretationen hinreißen lässt, was um alles in der Welt PLEXIPHONES bloß bedeuten soll, hier die entmystifizierende Erklärung der Urheber. Es ist ein reiner Fantasiename, der zu keiner Zeit irgendeine inhaltliche oder gar programmatische Bedeutung hatte. „Klar, ließen sich hier musikalische Dinge hineininterpretieren, ich habe es ganz am Anfang mal textlich versucht“, meint Kemmerling. „Man mische Methan, Ammoniak, Aceton und Methanol und verbinde sie zu einem Produkt mit unübertroffener Lichtdurchlässigkeit, angenehmem Griff und Klang sowie einer Härte und Kratzfestigkeit, die selbst der Vinylplatte zu Unsterblichkeit verholfen hätte. Soviel zur Chemie.“ Na das könnte dann doch irgendwie zuträglich sein für eine Legendenbildung.

Tracks

01 40 Days
02 Take Me Break Me
03 Slow Down
04 Electric
05 To Be Wanted
06 Tell It With Your Heart
07 Broken Man
08 Wave Me Goodbye
09 Love Child (Love Light Beam Mix)
10 We Are Repeating
11 Hideaway (Shelter from the Sun Mix)
12 Let It Roll (Captain of your Soul Mix)
13 Plastic Love (Touch The Sky Mix)

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